Sonntag, 27. Dezember 2015

1. Quartalsbericht

Kira Wisnewski, Botanical garden                                        Auroville, November 2015


1.Quartalsbericht

Seit nun drei Monaten arbeite ich schon im botanischen Garten. Einen Ort, der sich auf besondere Weise für den Erhalt der Biodiverasität Tamil Nadus und Südindien einsetzt. Außerdem beheimatet er viele eigene Umweltbildungsprogramme, die vor allem auf Schulgruppen ausgelegt sind und ihnen dort Themen, wie die traditionelle  Pflanzenheilkunst Tamil Nadus und den einheimischen, jedoch fast ausgerotteten Wald, den Tdef (tropical dry evergreen forest ) näher bringt.

Seit meine Arbeit im botanischen Garten gestartet hat, habe ich viele verschiedene Aufgaben machen dürfen und so in ziemlich alle Bereiche einen Einblick gehabt. Die Arbeit ist sehr vielseitig und abwechslungsreich,  auch wenn sie Etappenweise auch mal etwas eintönig war. Vieles hängt eben auch davon an, wer von den anderen Arbeitern gerade im botanischen Garten ist und ob dringende Arbeiten anstehen. Von unserer Weltwärtsgruppe ist noch Florian dabei und gemeinsam haben wir mit Martin (der auch weltwärts Mentor ist und viele Jahre im botanischen Garten arbeitet) in der ersten Arbeitswoche angefangen Löcher zu graben und Bäume zu pflanzen, allerdings in der prallen Sonne und einer Hitze… Für mich stellte sich also sehr schnell heraus, dass ich doch einen Arbeitsplatz in der Nursery mit vielen Bäumen und weniger, harter körperlicher Arbeit bevorzuge, auch wenn ich beim Bäumepflanzen vieles gelernt habe, was mir im weiteren Verlauf meiner Arbeit die nötigen Grundlagen gab.
Also arbeitete ich von da an in der Tree Nursery des botanischen Gartens. Dort werden verschiedene Pflanzenarten und viele Bäume des Tdef angezogen und für den Verkauf und den Eigenbedarf des Gartens vorbereitet. In der Nursery stehen also tausende kleinere und größere Pflanzen in den sogenannten „Bags“ und warten auf den Zeitpunkt an dem sie eingepflanzt werden. Eben diese bags benötigen aber auch eine ganze Menge regelmäßige pflege, die Taschen gehen irgendwann kaputt,  durch Zeit oder widerspenstige Wurzeln und so müssen die kleinen Pflänzchen umgetütet (rebagged) werden. Da Paul, der Chef des botanischen Gartens,  den Entschluss gefasst hatte, dass die gesamte Nursery mal wieder aufgeräumt werden soll und wirklich viele Bags in einem wirklich schlechten Zustand waren, hieß es also viele Stunden an vielen Tagen rebagging. Diese Aufgabe ist zwar auf Dauer recht eintönig , wird aber durch die interessanten Gespräche mit den anderen Freiwilligen aus der ganzen Welt und dadurch dass man eben einen Platz im Schatten hat zu einer netten Beschäftigung. Dazu kamen dann natürlich noch eine Reihe anderer Aufgaben. Ich habe viele Stecklinge gemacht, um gewisse Pflanzensorten zu vermehren oder wir haben den in der Sonne liegenden Bereich der Nursery,  wo die Pflanzen  hinkommen, die schon kräftiger sind, aufgeräumt. Da hieß es dann viel hin- und hertransportieren und hunderte Pflanzen mit Schubkarren von einem Ort zum andern bringen und dazu noch die Stellflächen aufräumen und von Unkraut und sonstigem befreien. Immer mal wieder muss einiges zurückgeschnitten werden und das Unkrautjäten ist quasi eine Endlosaufgabe. Die Arbeit in der Nursery hat mir schon Spaß gemacht und war weniger anstrengend als das Bäumepflanzen, doch brütet ich nachmittags schon seit einiger Zeit über meinen eigenen Plänen für den botanischen Garten und mein Jahr dort. Die meiste körperliche Arbeit wurde in der Regel vormittags erledigt während es nachmittags eher Office work gab. Allerdings hatte man auch nur wirklich was zu tun, wenn man sich etwas eigenes gesucht hat, an dem, man arbeiten konnte. Einer meiner Pläne für das Jahr ist es einen Färbergartner im botanischen Garten zu kreieren, da ich in Deutschland eine Färbergärtnerausbildung gemacht habe und nun gerne etwas von dem Wissen in mein Projekt einfließen lassen will. Nun, da ich mich jedoch eher mit deutschen, als mit indischen Färberpflanzen auskenne, musste ich erst einmal die nötigen Grundlagen für einen indischen Färbergarten herausfinden. Die Zusage, dass ich sowas im botanischen Garten entwerfen könnte, hatte ich von Paul nämlich sehr schnell, da er sich gut von der Idee begeistern ließ. Da ich am Anfang, wie gesagt, keine Ahnung von den hiesigen Pflanzen oder der traditionellen Arbeit mit ihnen hatte, hieß es für mich erstmals vor Ort zu recherchieren. Viele Gespräche und alte Bücher sollten mich bald weiterbringen. Mein Dank gilt an dieser Stelle insbesondere Jesus (in Auroville werden quasi nur Vornamen verwendet), dem Gründer von Colours of Nature, einem Auroville Projekt, was sich der Textilfärbung mit Pflanzenfarben verschrieben hat. Dort gab es für mich viele Informationen, Erfahrungsberichte und interessante Diskussionen über meine Ideen. Nach gut 1 ½ Monaten stand also meine Liste mit Färberpflanzen fest. Diese wurde dann noch einige Male mit Paul durchdiskutiert. Welche Pflanzen können hier wachsen, welche haben wir vielleicht schon zusammen stehen und welche sind pflanzbereit in der Nursery? Viele Stunden habe ich damit verbracht, die Bäume, die Sträucher und auch die Kräuter, die für den Färbergarten geeignet sind, kennenzulernen.
Gleichzeitig fing ich mit der Planung an, wie und auf welche Weise ich das Ganze hier im Botanischen Garten umsetzen will. Das war zum Teil leider auch echt deprimierend, da mir öfters Plätze im Garten zugewiesen wurden, wo der Färbergarten entstehe könnte, ich meine Pläne für diese Stelle ausarbeitete und mir dann ein neuer Ort zugeteilt wurde. Aber aller Komplikationen zum Trotz habe ich nun einen Ort im Botanischen Garten, wo alles entstehen kann. Im economical forest haben wir einen geeigneten Platz gefunden, wo auch schon einige meiner Pflanzen wachsen. Die Pläne und Zeichnungen stehen und die Arbeit hat begonnen.
Es ist wirklich spannend, dass ich  hier Arbeiten machen kann, mit denen ich sonst nie in Berührung gekommen wäre. Hier entwerfe ich Pläne, male Skizzen, kreiere Wege und überlege, welcher Baum am besten neben welchem steht. Es macht wirklich Spaß langsam mit der Gestaltung meines eigenen Projekts anzufangen. Und es ist so viel Arbeit! Bisher haben wir vor allem Zeit damit verbracht, die bisher wenig genutzte und wenig umsorgte Ecke des Gartens wieder etwas aufzuräumen und die Bäume freizuschneiden, da in den Tropen immer alles sehr schnell von Pflanzenparasiten und Kletterpflanzen überwuchert wird. Ich habe die Löcher markiert und ein kleiner Bagger hat sie für mich ausgehoben. Nun sind sogar schon alle Bäume, die wir bisher zusammentragen konnten in der Erde. Das war auch wieder ein ganzes Stück Arbeit, jedoch nimmt man das nochmal anders wahr, wenn es sich so um das eigene Projekt handelt und man selbst entscheiden hat, wo welcher Baum, warum stehen soll. Bald folgen noch die Büsche und die übrigen Pflanzen. Alles nimmt allmählich Gestalt an und ich freue mich, es wachsen zu sehen.
Wenn der Garten erstmal steht, werde ich versuche ihn und mein Wissen mit anderen Projekten zu verknüpfen und in das Bildungsangebot des botanischen Gartens zu integrieren. Außerdem entsteht nachmittags gerade ein kleines Booklet in dem ich mein Wissen über die Färberpflanzen an andere weitergebe.
Zwei Tage die Woche helfe ich meistens auch noch im ornamental Garden, es sei denn der „Colour Garden“ bedarf zu viel meiner Aufmerksamkeit. Seit Frank und Bärbel nämlich seit kurzem aus Deutschland mit frischen Visa zurückgekehrt sind, wird meine Hilfe dort auch sehr herzlich entgegengenommen und wir räumen den ganzen Garten auf. Es ist immer ein tolles Erfolgserlebnis, wenn man an einer Stelle im Garten anfängt, die komplett überwuchert ist und ziemlich ungepflegt aussieht und man am Ende vor einer freien Fläche mit schön gestutzt Sträuchern und hübschen Blumen steht, die vorher unter all dem anderen Grün kaum zu sehen waren.
Freitags ist außerdem Farnhaus-Tag, wo ich mit Frank ins Farnhaus gehe und wir neue Arten begrüßen, aufräumen und umbauen und wir uns beide freuen, jemand anderen mit einer Begeisterung für Farne gefunden zu haben.
Ich liebe wirklich meine Arbeit im botanischen Garten. Nicht nur die Arbeit mit den Pflanzen und die gestalterisch, kreative Arbeit machen diesen Ort so besonders, sondern auch die anderen Menschen mit denen man dort arbeitet und die einen so familiär aufnehmen. Und gibt es etwas besseres als nachmittags durch den ruhigen Garten zu spazieren, während die Sonne rot wird, wie die Erde?
Ich habe noch viele Ideen und Baustellen und freue mich einfach darauf das alles anzugehen.

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