Nach nun über einem Monat hier hat man sich doch schon etwas eingelebt und zum Teil sogar so etwas wie einen Alltag entwickelt. Man findet Sachen, die einen freuen und abstoßen, man findet Lieblingsorte und Zeiten und lernt viele neue Menschen kennen, manche bleiben nur kurz hier und andere werden noch hier sein, wenn man schon wieder weg ist. Auroville ist ein Ort des Kommens und Gehens. Ich glaube meine Lieblingszeit ist so gegen 17 Uhr herum, wenn das Licht so rot wird, wie die Erde. Am liebsten bin ich dann im botanischen Garten und gehe noch ein wenig nach meiner Arbeit dort spazieren. Im Gegensatz zu vielen anderen Orten hat man es dort ruhig und einsam. Es ist wirklich wundervoll einen so entspannten Ort zu haben, wenn es sonst oft so wuselig ist. Auroville hat einige dieser Orte und ich glaube wir sind alle sehr dankbar darum. Man merkt schon wenn man ein paar Stunden in Pondy verbracht hat, dass es sehr an den Nerven zerrt, überall sind viele Menschen, Autos und Motorräder, die sich laut hupend einen Platz im Gedränge suchen und es gibt so viel zu entdecken. Danach kommt einem Auroville wie eine grüne Oase der Stille vor. Meine Wohncommunity „New Creation“ ist ebenfalls ein sehr entspannter und ruhiger Ort, vor allem wenn das Sport Center nebenan endlich mit der Musikbeschallung aufhört. New Creation ist eine community mit großen Häusern an denen sich irgendwelche Architekten ordentlich austoben durften, wie für Auroville typisch gibt es hier viel Grün hier und was mich sehr freut viele freundliche Tiere, vor allem Katzen. Außerdem ist die community auch nachts sehr sicher, weshalb nichts gegen einen kleinen Nachtspaziergang alleine oder eine Joggingrunde spricht, außerdem gibt es einen kleinen Teich mit Seerosen und einer kleinen japanischen Brücke an dem man super sitzen kann um Sternschnuppen zu zählen. Da man hier direkt bei Kuilapalayam ist hat man alles zum Überleben und Genießen wichtige direkt nebenan.
Heute ist mal wieder einer dieser Tage an denen wir Großteils ohne Strom sind, mir wurde mal erzählt, dass einmal im Monat der Strom tagsüber ausgestellt wird, ich hab das Gefühl es passiert öfters. Dann ist man immer von 9 Uhr an ohne Strom, das geht dann bis 17 Uhr… Naja , auch sowas nimmt man mittlerweile gelassen, Strom braucht man eh nicht so wirklich oft , gut ist nur immer zu wissen, wo man seine Kopflampe hat.
Zum Thema Alltag gehört natürlich auch, was für einen alles so alltäglich wird. Sei es das Motorrad (bzw. TBS) fahren auch über alle noch so unwegsamen Wege, was bei manch einem zu Fantasien über eine Zukunft im Motocross Sport führt, die Stromausfälle, naunja, die einen eben gerne mal im Dunkeln lassen, die streunenden Hunde, die einem zum teil freundlich begegnen oder nachts in Rudeln durch die Straßen hetzen, obwohl man auf einem Motorrad sitzt (okay, nein, das wird für mich nie Alltag werden und ich wünsche es niemanden) oder aber das fremdartige Essen, welches man meist voll Liebe und Genuss verschlingt oder was wichtig ist, dass man nun noch bewusster lebt. Man holt sich das Gemüse beim Permakulturbauern in der direkten Nähe ab, der natürlich nur alte Sorten aus der Region anbaut, man kauft hauptsächlich Produkte aus Auroville und überlegt bei Produkten, die hinter Pondy herkommen doch eher zweimal, ob man das jetzt wirklich kauft. Auch bei Produkten, die aus einer ganz anderen Region Indiens oder gar aus dem Ausland kommen, kommt man doch oft zum Entschluss, dass man diese Sache nun nicht so dringend braucht. Und so wird allmählich aus Salat Chicken Spinach und Rosella Leafs, aus Kartoffeln Tapioka, aus Olivenöl die Kokosalternative und das könnte man jetzt ewig so treiben. Fürs Duschen steigt man auf natürliche Produkte um, da das Wasser meist direkt in den Garten geleitet wird und man achtet stets auf seinen Verbrauch. Außerdem wird es einem zur Maxime doch bitte so wenig Müll, wie möglich zu produzieren und so bleibt die Plastiktüte in der Essen in kleinere Plastiktüten verpackt ist auch im Regal stehen. Auroville bietet aber auch Läden mit der Möglichkeit seine Produkte weitgehend selbst einzupacken und dann geht man eben mal beladen mit tausend Tupperdöschen in diesen Laden, hat aber am Ende kaum Müll zu verzeichnen.
Nach Pondy fahren wird wohl auch so was wie „alltäglich“ dort war ich mit Elisa auch am Wochenen und habe mir einen Sari gekauft, für besondere Anlässe, wie Hochzeiten und diverse andere Feiern von denen es hier sehr viele gibt. Aber auch, weil wir am 7.10. zur Feier des Tages der Deutschen Einheit vom deutschen Konsulat in Chennai zu einem Bankett in einem 5 Sterne Hotel (jaja, die Deutschen protzen ganz schön mit unseren Steuergeldern im Ausland) eingeladen sind und wir natürlich im Sari und nicht im Dirndl erscheinen werden. Es wird deutsches Essen geben und ich bin gespannt, was man da so auftischen wird. Hört sich auf jeden Fall nach einem luxuriösen Abend an. Jetzt muss ich nur noch die Mutter unseres tamilischen Vermieters, die übrigens alle nebenan wohnen, fragen, wie man einen Sari bindet.
Auch wenn in diesem Bericht oft das Wort „Alltag“ fällt, hat es hier doch einen anderen Klang, als in Deutschland, hier nimmt es den Geschehnissen nicht ihren Glanz und macht sie grau und sowas wie eine wirkliche Routine gibt es hier eh nicht, es heißt eher, dass man langsam angekommen ist.
Nachtrag: die Konsulatsfeier wurde für uns leider abgesagt, da wir dann doch keine Einladung erhalten haben, allerdings soll gegen Ende des Jahres eine extra Feier für die Weltwärtsler aus ganz Indien veranstaltet werden. Man wird ja sehen… Immerhin weiß ich jetzt, wie man einen Sari bindet
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen